Die Jury schätzt den entwerferischen Zugang und die damit einhergehenden Mehrfach-Qualitäten des Projektvorschlags von fiktiv Architektur, die sich sowohl im konstruktiven wie funktionalen als auch im räumlichen Konzept zeigen.
Alle drei Ebenen des Entwurfs spielen ideal so zusammen, dass sich eine Flexibilität der Zuordnungsmöglichkeiten von Funktionen und Räumen ergibt, ohne aufwendigen Eingriffe ins tragende konstruktive System.
Die grundrissliche Konzeption besteht aus neun quadratischen Feldern. Ausser dem grosszügigen, gut belichteten und mit einem Treppenauge versehenen Treppenhaus sowie dem Lift und den Nassräumen, die je ein Quadrat besetzen, sind die übrigen sechs Felder frei bespielbar.
Auf den einzelnen Etagen sind die mittleren drei Felder, die eine durchgehende und somit ideal belichtete Ost-West-Achse bilden, dem Wohn-Essbereich gewidmet, der beidseitig mit einem Aussenraum versehen ist. Hier stellt sich die Fragte, ob es nicht idealer wäre, die grosse Loggia auf der Ostseite zu platzieren, da dieser zentrale Aussensitzplatz zur lauten Strasse hin weniger gut liegt.
Die restlichen drei Felder können als Zimmer, Bibliothek, Musikraum usw. genutzt werden. Richtigerweise liegen die Nassraumachsen so, dass sie – mit einer Vorraumzone verbunden – ideal mit den Zimmern verbunden sind. Wie weit die einzelnen Räume gegen die Wohnraumzone geöffnet resp. geschlossen sind, hängt ganz von den Wünschen und Lebensformen der künftigen Bewohner/innen ab.
Dass diese Flexibilität möglich ist, hängt mit der intelligenten konstruktiven Interpretation des Neunfeld- Konzeptes zusammen: Denn zur tragenden Konstruktion gehören nebst den geschlossenen Anteilen der Aussenmauern und der Innenwände der Nasszellen und der Erschliessungselemente die vier zentralen Stützen des Innen-Quadrat-Feldes. Diese Stützen sind ideale Elemente, die nebst ihrer konstruktiven Funktion die Geometrie des Innenraumes auf eine einnehmende Art artikulieren. Alle anderen möglichen Innenwände sind als nicht tragend vorgesehen.
Durch die Positionierung von Eck-Fenstern wird nicht nur der nachbarschaftlichen Enge Rechnung getragen, diese Öffnungen ermöglichen auch ideale Sichtbeziehungen zu den aussenräumlichen Nah- und Fernbereichen der Umgebung.
Auch die ersten Vorschläge für mögliche aussenräumliche Zonierungen und Gartenzuweisungen findet die Jury bemerkenswert.
Was das äussere Erscheinungsbild des Projektvorschlags angeht, nimmt die Jury zwar gerne die vielen Analyseschritte zur Kenntnis, die zur jetzigen Ästhetik der Fassaden geführt haben, doch wäre sowohl die Bauherrschaft wie auch die übrigen Jurymitglieder sehr interessiert, wie denn dieses Konzept – das ja in seiner abstrakten Geometrie alle Voraussetzungen dazu liefert – als „modernes“ Haus aussähe. Wenn es sich also in seinem äusseren Auftritt an den Villen der Moderne orientierte. […]
Insgesamt ein spannendes und überzeugendes Konzept, das konstruktive, funktionale und innen- wie aussenräumliche Zusammenhänge in kluger und einnehmender Weise so in Übereinstimmung bringt, dass räumliche Flexibilität und Variationsmöglichkeiten als Ausgangsbasis für die Weiterentwicklung gegeben sind. Nur die Ästhetik der äusseren Erscheinung hinkt hier noch etwas hinterher.
Studienauftrag im Einladungsverfahren 2017, 1. Preis
Auslober: privat
Nutzung: 2 Geschoss-, 1 Maisonette-Wohnung